Gemeine Winterlibelle, bei Lägerdorf

Gemeine Winterlibelle (Sympecma fusca)

Merkmale

Größe:

Mit 35 bis 44 mm Länge eine mittelgroße Kleinlibelle.

Männchen:

Bräunlichen Grundfärbung mit kupferfarbener torpodoförmiger Zeichnung oben auf den Hinterleibssegmenten. Brust mit zwei dunklen Seitenbinden, die Unterkante der oberen Binde verläuft bei dieser Art gerade. Dieses Merkmal unterscheidet sie von der in Mitteleuropa deutlich selteneren Sibirischen Winterlibelle (Sympecma paedisca), bei der die Unterkante dieser Binde nach unten ausgebuchtet ist.

Weibchen:

Wie die Männchen gefärbt.

Larve/Exuvie:

Länge der letzten Larvenstadien/Exuvie 20 bis 25 mm. Fangmaske deutlich länglich, aber nicht gestielt. Kiemenblättchen gebändert und am Ende abgerundet. Seitenadern zweigen fast rechtwinkelig von der Mittelader ab. Unterscheidet sich von der Sibirischen Winterlibelle durch das Verhältnis von Länge des Prämentums zur mittleren Breite (hier > oder = 2,5).

Verbreitung

Gesamtverbreitung:

Europa bis Zentralasien. Im Süden geht das Vorkommen bis ans Mittelmeer, im Norden bis an die südliche Ostseeküste, wobei ein Ausläufer bis ins südöstliche Schweden reicht. Im Osten verläuft die Verbreitungsgrenze durch Weißrussland und die Ukraine. Auf den Britischen Inseln bisher nur ein Einzelfund.

Deutschland:

In ganz Deutschland verbreitet mit Schwerpunkten in thermisch begünstigten Regionen des Flachlands bis in eine Höhe von 500 m wie Oberrheingraben, Niederrheinisches Tiefland, Kölner Bucht, Mittelfränkisches Becken und Nordostdeutsches Tiefland. Größere Verbreitungslücken ergeben sich in den westlichen Mittelgebirgen und im Schwarzwald.

Schleswig-Holstein:

Vor allem in den südlichen Landesteilen bis etwa zur Line Kiel - Halbinsel Eiderstedt in allen Naturräume, in der Marsch jedoch nur ausnahmsweise festgestellt. Verbreitungsschwerpunkte liegen im Südosten des Landes, im Aukrug und bei Lägerdorf.

Bestand in Schleswig-Holstein

Aktuell eine in Schleswig-Holstein mäßig häufige Art, die sowohl lang- als auch kurzfristig eine positive Bestandentwicklung aufweist. Dies könnte durch den Klimawandel bedingt sein. Die Zahl individuenreicher Populationen ist jedoch gering.

Biologie

Überwinterung: als Imago

Dauer Larvalentwicklung: zwei bis drei Monate

Schlupfzeit in SH: Anfang Juli bis Ende August

Flugzeit in SH: Die Imagines können bis zu 13 Monate alt werden. Daher ist sogar eine Überlappung der Generationen möglich. Die vorjährigen Tiere erkennt man dann an der insgesamt dunkleren Färbung und den blauen Flecken oben auf den Augen.

Verhalten:

Nach dem Schlüpfen im Sommer bleiben die Imagines nur kurz in der Nähe ihrer Entwicklungsgewässer und halten sich danach in der Umgebung auf. Dort werden sie oft übersehen, da sie gut getarnt auf abgestorbenen Halmen sitzen und nur kurz auffliegen, wenn man ihnen sehr nahe kommt. Ab Oktober suchen sie ihre Überwinterungshabitate auf, wo sie zwischen kleinen Trieben, auf Gehölzjungwuchs oder an Gräsern sitzen. Möglicherweise verstecken sich auch einzelne Tiere in der Laubstreu, in Höhlen oder unter Reisig, besonders bei Frost. Sie sind auch im Winter durchaus phasenweise aktiv und können sogar noch bei niedrigen Temperaturen ihren Standort verändern. Ab März kehren sie zur Fortpflanzung an geeignete Gewässer zurück. Die Männchen beziehen Sitzwarten, meist aus dem Wasser ragende Teile abgestorbener Pflanzen, die sie gegenüber anderen Männchen verteidigen. Im Sitzen halten sie die Flügel auf einer Körperseite, meist auf der sonnenabgewandten. Die Weibchen kommen nur zur Paarung ans Wasser.

Paarung und Eiablage:

Die Paarung erfolgt in der Ufervegetation. 

Die Eier werden in der Regel in Begleitung des Männchens (Tandem) an sonnenexponierten Stellen in auf dem Wasser treibende Röhrichtstücke gelegt. Dabei sitzen beide Tiere horizontal auf dem Eiablagesubstrat. Selten werden auch senkrechte Strukturen genutzt.

Lebensräume

Imagines:

Als Entwicklungsgewässer bevorzugt die Gemeine Winterlibelle kleine, sonenenexponierte, nicht zu nährstoffreiche Stillgewässer in windgeschützter Lage (z.B. in Kiesgruben) mit einem eher lückig ausgebildeten Ried- oder Röhrichtsaum und schnell sich erwärmenden Flachwasserzonen. Die Landlebensräume im Spätsommer und Herbst sind besonnte geschützte Waldränder, Lichtungen, Wegränder und Brache. Die Überwinterung erfolgt in lichten Waldbereichen und an sonnenexponierten, windarmen Waldrändern.

Larven:

Halten sich zwischen der emersen Ufervegetation, an Tauchblattpflanzen und in Algenwatten dicht unter der Wasseroberfläche auf. Sie sitzen auch gerne an der Unterseite von treibenden Pflanzenteilen oder abgestorbenen Röhrichtstückchen.

Gefährdung

Rote Liste Schleswig-Holstein 2011: ungefährdet

Rote Liste Deutschland 2014: ungefährdet

Gefährdungsursachen: Nährstoffeintrag, Sukzession der Fortpflanzungsgewässer und der Winterlebensräume

Schutz

Europäische Union (FFH-Richtlinie): -

Deutschland (BNatSchG): besonders geschützt

Schutzmaßnahmen: Schaffung bzw. Erhalt sonnenexponierter, flacher Kleingewässer, Schutz vor Europhierung, Erhalt und Entwicklung lichter, windgeschützter Waldbereiche zur Überwinterung

Literatur

  • ARBEITSKREIS LIBELLEN SCHLESWIG-HOLSTEIN (Hrsg.) (2015): Die Libellen Schleswig-Holsteins. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCHARD, C.; D. GROENENDIJK; E. VAN DEN PLOEG & T. TERMAAT (2012): Fotogids Larvenhuidjes van Libellen. – KNNV Uitgeverij, Zeist.
  • BROCKHAUS, T. & U. FISCHER (2005): Die Libellenfauna Sachsens. – Natur + Text, Rangsdorf.
  • BROCKHAUS, T.; H.-J. ROLAND; T. BENKEN; K.-J. CONZE; A. GÜNTHER; K.G. LEIPELT; M. LOHR; A. MARTENS; R. MAUERSBERGER; J. OTT; F. SUHLING; F. WEIHRAUCH & C. WILLIGALLA (Hrsg.) (2015): Atlas der Libellen Deutschlands. – Libellula Supplement 14.
  • DIJKSTRA, K.-D. B. & A. SCHRÖTER (Ed.) (2021): Die Libellen Europas. Ein Bestimmungsführer. – Haupt-Verlag, Bern. (überarbeitete Neuauflage)
  • JÖDICKE, R. (1997): Die Binsenjungfern und Winterlibellen Europas. -  Neue Brehm-Bücherei Bd. 631; Westarp-Wissenschaften, Magdeburg.
  • STERNBERG, K. & R. BUCHWALD (Hrsg.) (1999): Die Libellen Baden-Württembergs. Band 1: Allgemeiner Teil, Kleinlibellen (Zygoptera). - Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart, 468 pp.
  • WILDERMUTH. H. & A. MARTENS (2019): Die Libellen Europas. Alle Arten von den Azoren bis zum Ural im Porträt. – Quelle & Meyer, Wiebelsheim.